120 Jahre auf dem Wasser: RV ARGO Aurich blickt auf bewegte Geschichte zurück

Aurich. Vom Gymnasium auf den Ems-Jade-Kanal – der Ruderverein ARGO Aurich hat am Freitag sein 120-jähriges Bestehen mit 70 Gästen auf dem Vereinsgelände gefeiert. Was 1905 als Schülerruderverein begann, entwickelte sich zu einem der erfolgreichsten Rudervereine Ostfrieslands.

Zu den Ehrengästen zählten Vorstandsmitglieder des MTV Aurich und des EMJAK/TuS Aurich Ost sowie Ortsteilbürgermeisterin Antje Harms, die als Vertreterin des Landrates und als für die Stadt Aurich zuständige Ortsbürgermeisterin Spenden für den Verein überreichte.

Die Geschichte beginnt klassisch: Als der altsprachliche Unterricht an den Höheren Schulen dominierte, kannten alle Schüler die antiken Sagen. Der Vereinsname bezieht sich auf die Sage von „Jason und die Argonauten”, die auf der Suche nach dem Goldenen Vlies eine abenteuerliche Seereise von Griechenland bis zu den Ufern des Schwarzen Meeres unternahmen. Das Schiff des Bootsbauers Argos wurde Namensgeber für den neuen Schülerruderverein. Der lateinische Wahlspruch „Vivat, crescat, floreat Argo!” (Es lebe, wachse und blühe Argo) ziert bis heute das Vereinswappen.

Die Verbindung zur griechischen Sagenwelt zeigt sich nicht nur im Vereinsnamen: Auch die Bootsnamen beziehen sich auf weitere griechische Sagen wie die Odyssee und auf die griechische Welt der Götter und Helden. Sogar der Argo-Zirkel – die verschlungenen Buchstaben S, R, V, A mit V, C, F, die ohne Absetzen des Stiftes gezeichnet werden mussten – schmückte bis in die 80er Jahre die Vereinstrikots.

Von der Schule zum Leistungszentrum

1993 wandelte sich der Schülerruderverein zum allgemeinen Ruderverein. Nur zwei Jahre später, 1995, begann systematisch der Leistungssport. Was mit Kinder- und Jugendregatten anfing, entwickelte sich schnell zu nationaler Spitzenklasse: 1997 die erste Teilnahme an Deutschen Jugendmeisterschaften, ab 2003 starten die Argonauten für das TEAM NORDWEST im Regattaverband Ems-Jade-Weser.

Die Erfolgsbilanz ist beeindruckend: Über 35 Gold-, Silber- und Bronzemedaillen bei der Deutschen Großboot-, Sprint- und den U17, U19 und U23 Meisterschaften sprechen eine deutliche Sprache. Namen wie Jann-Edzard Junkmann, Maiko-Benedikt Remmers oder Judith Engelbart stehen für internationale Klasse.

Weltmeister aus Aurich

Besonders stolz ist der Verein auf seine Weltmeister: Jann-Edzard Junkmann holte 2007 Gold mit dem Deutschlandachter bei den Juniorenweltmeisterschaften in Peking, später weitere Titel bei U23-Weltmeisterschaften und Studentenweltmeisterschaften. Immo Ihnen gewann 2007 Bronze im Vierer mit bei den Juniorenweltmeisterschaften in Peking, Dirk Fleßner 2011 Bronze im Deutschlandachter bei den Juniorenweltmeisterschaften in London.

Auch die Frauen mischen international mit: Judith Engelbart war 2016 beim Baltic Cup in Hamburg erfolgreich und startete bei den Juniorenweltmeisterschaften 2017 in Trakai und 2018 in Racice.

Corona als Innovationsmotor

Während andere Vereine in der Pandemie Mitglieder verloren, bewies ARGO Kreativität. Statt aufzugeben, organisierten die Ruderer einen „Wettkampf von zu Hause aus” – jeder trainierte für sich, alle Kilometer wurden zusammengezählt. Das Ergebnis: über 8000 Kilometer und stabile Mitgliederzahlen. „Diese Aktion hat gezeigt, dass wir auch in schwierigen Zeiten zusammenhalten”, betonte Vereinschef Wiard Cordes bei der Jubiläumsfeier.

Coastal Rowing als Zukunftsprojekt

Modern zeigt sich ARGO mit dem neuen Angebot Coastal Rowing – Rudern auf dem offenen Meer statt auf dem ruhigen Kanal. Die Sportart, die bald olympisch wird, erweitert die Möglichkeiten des Vereins erheblich. Der Landesruderverband Niedersachsen hat ARGO schwerpunktmäßig mit der Förderung des Coastal Rowing betraut und dafür einen Zweier, einen Vierer und einen Trailer im Wert von etwa 25.000 Euro angeschafft.

Die Investition zahlt sich aus: Maiko-Benedikt Remmers holte 2024 bei den Europameisterschaften in Danzig Gold im Coastal-Vierer und errang kürzlich bei den Deutschen Meisterschaften in Flensburg drei weitere Goldmedaillen. „Wir wollen nicht nur Tradition bewahren, sondern auch Trends setzen”, erklärt die Zweite Vorsitzende Elke Behrens.

Mit über 100 Mitgliedern vom Fünftklässler bis zum Senior ist der Verein breit aufgestellt. Die 10 bis 15 aktiven Jugendlichen sollen künftig noch stärker gefördert werden – alle Einnahmen der Jubiläumsfeier fließen in die Nachwuchsarbeit.

Investitionen in die Zukunft

Der Vorstand um Wiard Cordes, Elke Behrens, Kassenwart Jann Schürmann, Ruderwart Maiko Remmers und Pressewart Bastian Krull plant eine Verjüngung des Bootsparks. Moderne Technik soll den Rudersport für kommende Generationen attraktiv halten.

Bei der Jubiläumsfeier, die mit Sektempfang der beiden Vorsitzenden begann und beim Grillabend entspannt ausklang, wurde deutlich: ARGO ist mehr als ein Sportverein. „Hier wird Gemeinschaft gelebt”, sagte ein langjähriges Mitglied. Auch die Zusammenarbeit mit dem Landkreis funktioniert reibungslos, wie der Vorstand dankbar betonte.

Nach 120 Jahren steht der RV ARGO Aurich solide da: Mit erfolgreichen Athleten, innovativen Ideen und dem festen Willen, Tradition und Moderne zu verbinden. Der alte Wahlspruch scheint zu wirken – ARGO lebt, wächst und blüht.

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